5. Update Der Militärtribun - Rundschild
Mir war aufgefallen, dass der Militärtribun ja völlig ohne Schild dasteht - und das geht natürlich gar nicht. 8)
Als Vorbild für die Ausrüstung und das Aussehen eines Militärtribuns wird in der Fachliteratur immer wieder gerne die entsprechende Figur vom
Altar des Domitius Ahenobarbus (schöner Wikipedia- Bericht, leider nur englisch) zitiert. Nach Ansicht einiger Forscher ist hier neben einfachen Legionären und Reitern auch ein hoher römischer Offizier, nämlich ein Tribun oder General, dargestellt, andere meinen hierin eine Personifikation des Kriegsgottes Mars erkennen zu wollen.
Quelle:
https://cl102blog.files.wordpress.com/2018/01/3-ahenobarbus-mars.jpegAuf jeden Fall wurde diese Figur schon häufig als Vorbild für die Darstellung eines römischen Tribuns heran gezogen - zum Beispiel
hier oder
hier (jeweils die Figur links). Als Beispiel für eine davon abgeleitete Zinnfigur hier nur die schöne Figur von "Soldiers":
Quelle:
http://www.art-girona.com/ancient-romans-series-54mm/1454-roman-tribune-from-2nd-century-bc-to-1st-century-ad.htmlBei allen diesen Darstellungen fällt auf, dass der Tribun im Gegensatz zum länglichen
Scutum (=Schild) der Legionäre jeweils einen großen Rundschild mit sich führt. Bei der obigen Zinnfigur von "Soldiers" ist dies ein flacher Rundschild, typisch waren als Schutzbewaffnung für Tribune aber auch große gewölbte Rundschilde. Ein solcher fehlte "meinem" Tribun auf dem Diorama noch und so entschloß ich mich anläßlich der Restaurierung/Ergänzung in 2018, ihm noch einen entsprechenden Schild beizugeben.
Bei diesem gewölbten Rundschild handelt es sich um einen Schildtyp, den wir bereits aus der griechischen Antike kennen - den berühmten
Hoplon, der den griechischen
Hopliten ihren Namen gab. Die Römer nannten diesen Schildtyp
Clipeus, was sich aus dem griechischen ableitet und wohl soviel wie "Bedeckung" oder "Deckung" bedeutet. Römische Vorbilder gibt es dafür genug, hier nur 3 Beispiele:
Quelle:
http://late-roman.ru/data/imagegallery/ ... f1b359.jpgQuelle:
https://www.degruyter.com/view/j/jah.2016.4.issue-2/jah-2016-0019/graphic/jah-2016-0019_abb10.jpgQuelle:
http://farm6.static.flickr.com/5785/23282047832_eb68a9a03a.jpgIch wählte für mein Diorama das letzte Beispiel, das einen Ausschnitt aus dem sog. "Portonaccio Sarcophag" (siehe hierzu den schön bebilderten
Wikipedia-Artikel, leider wieder nur in englisch) zeigt. Dargestellt ist dabei ein
Gorgoneion oder
Medusenhaupt. Kurz zusammengefaßt war die
Gorgone Medusa eine Sagengestalt aus der griechischen Mythologie, deren alleiniger Anblick jeden sofort zu Stein erstarren ließ, der ihr in die Augen sah. Erst dem Zeus-Sohn
Perseus gelang es mit einer List, die Medusa zu töten und ihr den Kopf abzuschlagen.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass das abgeschlagene Medusenhaupt in der Antike zur Abschreckung des Feindes vor allem von römischen Offizieren bis hin zu den Kaisern mittig auf ihren Brustpanzern, bisweilen aber auch auf ihren Rundschilden angebracht wurde - siehe hier z. B. auf einer Panzerstatue des römischen Kaisers
Trajan:
Quelle:
http://www.nationalgeographic.it/dal-giornale/2015/04/17/foto/la_colonna_traiana_un_diario_di_guerra_a_roma-2569718/2/Eine noch ältere Darstellung zeigt die Verwendung des Medusenhaupts auf dem Brustpanzer des makedonischen Königs
Alexander III. (der Große) - siehe hier auf einem Ausschnitt des berühmten
Alexander-Mosaiks von Pompeji:
Quelle:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alexander_Mosaic-high_res_fragment.jpgBau des SchildesNicht zuletzt trägt auch der Tribun auf meinem Diorama dieses Medusenhaupt auf seinem Brustpanzer und so fand ich es passend, auch einen entsprechendes Symbol auf seinem Schild darzustellen. Für den Bau des Schildes schnitt ich zunächst die obere Partie des Behälters aus einem Überraschungs-Ei ab:
Anschließend wurden die Rillen an der Oberfläche des Ü-Ei's mit Milliput verspachtelt und an der Unterseite des Schildes ein Kreis aus Tubenblech angeklebt, der im Durchmesser etwas größer war als der Schildkörper, der innere Bereich des Tubenblechs dann herausgeschnitten, verschliffen und die Innenseite des Schildes noch etwas detailliert durch Anbringung einer Oberarmschlaufe und des Handgriffs:
Nun stellte sich die Frage, wie die bildlichen Darstellungen auf antiken Steinreliefs denn zu interpretieren seien. Sollten sie eine reine, zweidimensionale Schildbemalung repräsentieren oder sollten Teile des Dekors doch plastisch gewesen sein? Einerseits sind flache Rundschilde einzig und allein mit Bemalung und ohne plastisches Dekor gefunden worden. Ich entschied mich, zumindest das Medusenhaupt plastisch zu gestalten; ob ich damit zu 100 % historisch richtig liege, weiß ich jetzt leider auch nicht. Zumindest fand ich dazu im Figurenmodellbau hierzu
ein Beispiel - vergleich den Schild der hervorragend modellierten und bemalten Figur eines mir nicht bekannten Künstlers mit dem mittleren der von mir oben gezeigten Rundschilde auf römischen Reliefs.
Meinen ersten, mißglückten Modellierversuch will ich Euch nicht vorenthalten, ich hatte die Modelliermasse nicht gut genug durchgeknetet oder vermischt, und sie wurde einfach nicht hart; na ja, war nicht schlimm, denn irgendwie erinnert das Gesicht weniger an eine
Medusa, sondern ungewollterweise vielmehr an einen bedeutenden deutschen Physiker des 20. Jahrhunderts, lt. Wikipedia der bedeutendste Physiker der Neuzeit, und
den, so sehr ich ihn auch schätze, wollte ich auf einem römischen Schild des 1. Jhdts. n. Chr. nun nicht darstellen:
Der nächste Versuch - beide Bilder zeigen die gleiche Darstellung, links ist der Schildcorpus in weiß bemalt, rechts habe ich ihn in blau gehalten, analog zu den Schilden der Legionäre auf meinem Diorama, außerdem habe ich dem Haupt rechts noch ein paar Schlangen über die Haare modelliert und die links noch fehlenden Augen eingefügt:
Das vorläufige Endergebnis - schließlich habe ich auf den Rundschild noch die lateinischen Worte
ROMA VICTRIX AETERNA, sinngemäß etwa: Rom - auf ewig siegreich. Das ist jetzt rein fiktiv, quasi so eine Art auf den Schild aufgebrachte Propaganda. Sollte ich mit dieser Art der Darstellung oder mit der Übersetzung völlig falsch liegen, bitte ich um entsprechende Rückmeldung:
Über die beste Platzierung des Rundschilds auf dem Diorama grübele ich noch. Beim ersten Beispiel stört mich, dass soviel von der Figur des Tribuns dabei verdeckt wird.
Im Moment favorisiere ich noch diese Platzierung, der Schild ist den leichten Abhang herunter gerollt oder gerutscht, die lateinische Propaganda-Aufschrift steht hier fast symbolhaft für die Darstellung auf dem Diorama:
Wird fortgesetztLG - Uwe